Wandern ohne die Möglichkeit, in einer Berghütte einzukehren. Dieses traurige Szenario scheint immer mehr zur Wirklichkeit zu werden. Denn der Österreichische Alpenverein hat zunehmend Schwierigkeiten, geeignete Pächter zu finden. Der Grund? Unglaublich harte Arbeit wartet auf Hüttenbetreiber. In der Hochsaison ist ein 16-Stunden-Arbeitstag oft die Regel. Und das will nicht jeder, der wunderschönen Umgebung am Arbeitsplatz zum Trotz.
Unterschiedliche Erwartungen und schwierige Arbeitsbedingungen
Für diese Sommersaison haben noch nicht alle Hütten in Österreich einen Pächter gefunden. Karl Selden, Vorsitzender des Alpenvereins Klagenfurt, glaubt zu wissen, warum. Die Tatsache, dass in den Bergen alles doppelt so schwer ist, schrecke potenzielle Hüttenwirte ab. Man muss alles irgendwie hochbringen, was es sehr anspruchsvoll macht. Seldens Meinung nach wollen viele auch nicht mehr fernab der Zivilisation auf dem Berg arbeiten, das romantische Bild des Jobs sei längst verblasst. Als Hüttenbetreiber sei man Hausmeister und eben für alles verantwortlich. Es sei fast ein 24-Stunden-Job, meint Selden.
Mangelndes Interesse und raues Leben am Berg
Eine der Hütten, für die ein neuer Pächter gesucht wird, ist das Dobratsch Gipfelhaus auf über 2.000 Metern Höhe. Die Hütte wird oft als Goldgrube bezeichnet. Doch das Interesse potenzieller Bewerber ist gering. Klaus Dalmatiner, Vorsitzender des Alpenvereins Villach, sagt im ORF, dass man als Hüttenwirt jeden Tag vor Ort sein muss: "Die Hütte ist sehr intensiv besucht. Man muss damit rechnen, dass man oft gar nicht die Zeit hat, hinunter ins Tal zu kommen. Vielleicht kommt man einen ganzen Monat oder den ganzen Sommer über nicht hinunter. Das schreckt die Leute ab."
Gutes Netzwerk in der Region wichtig
Ein Pächter muss gut mit Menschen umgehen können, Geduld und technisches Verständnis mitbringen. Unsicherheiten gibt es auch wegen des Wetters. Bei schönem Wetter braucht man viel Personal, bei schlechtem Wetter aber nicht. Es ist auch wichtig, dass ein Pächter über ein gutes Netzwerk in der Region verfügt oder in der Lage ist, ein solches schnell aufzubauen. Wenn man nicht gut mit den Menschen in der Umgebung vernetzt ist, hat man ein Problem. Deshalb werden oft Leute aus der unmittelbaren Umgebung der Hütte gesucht, aber auch das Interesse von Einheimischen bleibt aus.
Rund 30 Hütten nicht belegt
In der Regel investiert der Alpenverein weit mehr Geld in die Hütten, als er an Pacht einnimmt. Hier ist die hohe Inflation zu berücksichtigen. Der Alpenverein verlangt bereits deutlich weniger Miete, um Pächter zu gewinnen. Die Pacht der Klagenfurter Hütte zum Beispiel hat sich fast halbiert. Gemeinsam mit dem Betreiber wird geschaut, was er einnimmt und wie der Alpenverein ihn in allen möglichen Bereichen unterstützen kann. Um das Hüttennetz in den Alpen zu erhalten, braucht es in Zukunft mehr öffentliche Mittel. Derzeit sind österreichweit rund 30 Hütten nicht in Betrieb.