Staumauern haben mich immer aufgrund ihres majestätischen Anblicks, der Ingenieurskunst und den daraus entstehenden Bergseen fasziniert. Ich habe selbst eine direkt vor meiner Haustüre im Zillertal. Der Durlaßboden Speichersee zwischen Gerlos und Königsleiten staut bis zu 50 Millionen Kubikmeter Wasser, wobei die Staumauer 83 m in den Himmel ragt. Zum Vergleich: die bis dato höchste Staumauer der Erde befindet sich im fernöstlichen China, ist 305 m hoch und staut den Fluss Yalong Jiang. Aber auch in den Alpen gibt es beeindruckende Staumauern, die es sicherlich wert sind, erkundet zu werden. In diesem Weblog begebe ich mich auf die Suche nach den fünf höchsten Staumauern in den europäischen Alpen.
Während der Recherche fiel auf, dass sich die meisten der hohen Staumauern in der Schweiz befinden. Befragt man den Schweizer Wasserwirtschaftsverband nach der Wassernutzung und der daraus erzeugten elektrischen Energie, erkennt man, wie wichtig diese Staumauern sind. Mittels der Kraftwerke können 56 % des Strombedarfs in der Schweiz allein durch Wasserkraft gedeckt werden.
Doch Staumauern können noch viel mehr als nur Strom produzieren. Sie sind beeindruckende Bauwerke, können wandernd erkundet werden und produzieren diese türkisblauen Seen, die im Sommer so schön in der Sonne glitzern. Doch Vorsicht ist geboten: Schwimmen in Speicherseen ist nicht immer erlaubt und kann sogar lebensbedrohlich sein. Ob Schwimmen erlaubt ist, wird meistens auf Schildern am Uferrand mitgeteilt.
Die Staumauer am Lago di Vogorno im Schweizer Kanton Tessin ist die fünfhöchste Staumauer der europäischen Alpen. Sie ist 220 m hoch und staut eine Wassermenge von über 100 Millionen m³ Wasser. Weltweite Bekanntheit erlangte die Mauer durch den Filmdreh des James-Bond-Streifens Goldeneye aus dem Jahr 1995. Der britische Superagent stürzte sich in der Anfangsszene von genau dieser Staumauer, welche im Film als Double für die fiktionale Chemiewaffenfabrik in der Sowjetunion diente.
Nur fünf Meter trennen den vierten und fünften Platz. Die Staumauer am Lago di Luzzone, ebenfalls im Kanton Tessin, mit einer Höhe von 225 m wurde 1963 fertiggestellt und 1998 nochmals um 17 m erhöht. Beeindruckend ist außerdem die Tiefe des Stausees, fast 1,5 km liegt die tiefste Absenkung des Seespiegels. Die Staumauer ist durch eine Serpentinenstraße aus dem Dorf Ghirone kommend erreichbar. Besonders interessant ist die Staumauer für Kletterer. Fünf Seillängen (165 m) misst die Kletterroute und ist gegen Gebühr und Hinterlegung einer Kaution begehbar.
Auf 250 m bringt es die dritthöchste Staumauer der Alpen. Sie staut den Lac de Mauvoisin in den Walliser Alpen, einen See mit über 200 Millionen m³ Stauvolumen und einer Umgebung mit eindrucksvollen Schweizer Gipfeln und Gletschern. Dazu gehören zum Beispiel der 4.313 m hohe Gipfel des Grand Combin und der Giétrozgletscher. Vor allem im Sommer ist die hiesige Bergwelt ein wunderschönes Ausflugsziel. Die nahegelegene SAC-Hütte Cabane de Chanrion dient als Ausgangslager für Erkundungstouren.
Die Staumauer Vajont ist mit 261,6 Metern die höchste Staumauer in Italien, wird aber nach einem katastrophalen Felssturz im Jahr 1963 nicht mehr benutzt. Die Geschichte dahinter ließt sich wie ein Krimi voller Intrigen und Fehleinschätzungen der Baubehörden und wurde von der Journalistin Tina Merlin in einem Buch verfasst. Damals kamen etwa 2.000 Menschen durch eine Flutwelle ums Leben. An die Katastrophe erinnert noch heute die 1971 erbaute Gedächtniskapelle.
Die Staumauer Grande Dixence ist mit 285 Meter die höchste Staumauer in den europäischen Alpen und gleichzeitig das höchste Bauwerk in der Schweiz. Sie staut die beeindruckende Menge von 400 Millionen m³ Wasser, dies entspricht einem Fünftel der speicherbaren elektrischen Energie der Schweiz. Die Staumauer ist durch einen Wanderweg erreichbar. Oben angekommen wartet neben der gewaltigen Aussicht auch eine spektakuläre Zip-Line, an der Adrenalinjunkies in Richtung Tal sausen können.
Auch in Deutschland gibt es einige Staumauern zu bestaunen. Die Höchste befindet sich im Harz und ist Teil der Rappbode Talsperre im Harz. Sie misst immer noch stolze 106 m, ist aber im Vergleich zu den Giganten in der Schweiz eher ein Mauerblümchen.
