Wie in jedem Sport gibt es auch beim Bergsteigen Ausnahmesportler. Bergsteiger, die immer wieder die Grenzen des Alpinismus neu definieren. Der Bergsport wäre ohne sie nicht da, wo er heute ist. Ihre Erfolgsgeschichten sind genauso verschieden wie ihre Persönlichkeiten. Nur ein wenig verrückt, das sind sie wohl alle. Wir stellen euch 10 Bergsteiger und ihre unglaublichen Leistungen vor.
10 unglaubliche Persönlichkeiten
Eigentlich ist es unmöglich zu entscheiden, welche Bergsteiger die besten 10 der Welt sind. Schon allein die Voraussetzungen des Bergsteigens der unterschiedlichen Epochen lassen keinen Vergleich zu. Ebenso unmöglich ist die Entscheidung zwischen bahnbrechender Einzelleistung und außergewöhnlicher Laufbahn – was ist beeindruckender? Wir sollten diese Liste also umbenennen: Das sind 10 der besten Bergsteiger aller Zeiten.
1. Walter Bonatti
Der Italiener Walter Bonatti (1930-2011) gilt als einer der besten Bergsteiger aller Zeiten. Schon früh durchstieg er die schwierigsten Wände der Alpen und seine Erfolge eröffneten in der Bergwelt völlig neue Dimensionen. Die Matterhorn-Nordwand bezwang er im Winter im Alleingang, was bisher nur zwei weiteren Bergsteigern gelang. Auch die Nordwände der Drei Zinnen und die Erstbesteigung eines steilen Felspfeilers im Mont-Blanc-Gebiet („Bonatti-Pfeiler“) gehören zu seinen Erfolgen. 1954 nahm Bonatti an einer italienischen K2-Expedition teil, bei der seine Kameraden später für die Erstbesteigung des 8.611 Meter hohen Berges geehrt wurden. Dass Bonatti ihre Sauerstoffflaschen bis auf 8.000 Meter Höhe getragen hat, wurde jedoch kaum erwähnt.
Reinhold Messner über Walter Bonatti: 'Er war ein genialer Kenner der Natur und auch ein genialer Kenner der menschlichen Natur.'
2. Tenzing Norgay
Tenzing Norgay (1914-1986), ein drahtiger nepalesischer Bergsteiger vom Bergvolk der Sherpa, war zusammen mit Edmund Hillary 1953 der erste Mensch auf dem Gipfel des Mount Everest. Schon ab 1935 wurde er immer wieder als Führer, Träger oder Begleiter für Everest-Expeditionen engagiert. Im Jahr vor dem großen Erfolg musste Norgay gemeinsam mit einem Schweizer Bergsteiger etwa 300 m vor dem Gipfel umkehren, da sie zu entkräftet waren. Umso größer war das Gipfelglück, als er ein Jahr später auf dem 8.848 m hohen Dach der Welt stand. Sein ganzes Leben lang empfand er eine tiefe Verbundenheit mit dem Himalaja-Gebirge und eine enorme Anziehungskraft zum Everest. Trotz des weltweit gefeierten Erfolges bleibt Tenzing ein bescheidener Mann. Er sprach mehrere Sprachen fließend, lernte jedoch nie Lesen oder Schreiben.
Tenzing Norgay: 'The pull of Everest was stronger for me than any force on earth.'
3. Sir Edmund Hillary
1953 beendete Sir Edmund Hillary (1919-2008), ein neuseeländischer Bergsteiger, Abenteurer und Antarktisforscher, gemeinsam mit Tenzing Norgay, den jahrzehntelangen Wettlauf um die Besteigung des höchsten Berges der Welt. Die beiden waren die ersten Menschen auf dem Mount Everest. Sir Edmund Hillary, von Beruf Imker, unternahm insgesamt 23 Erstbesteigungen im Himalaja-Gebirge, beteiligte sich an einer Südpol-Expedition und an der ersten Rennboot-Expedition ins Quellgebiet des Ganges. Sein soziales Engagement stand seiner Abenteuerlust in nichts nach: Sir Edmund Hillary gründete im Himalaja zahlreiche Schulen und Krankenhäuser und half beim Bau von Brunnen und Wasserleitungen.
Es gibt drei Gipfelfotos von Tenzing Norgay, jedoch keines von Sir Edmund Hillary. „Es wäre der unpassendste Ort der Erde gewesen, meinem Sherpa das Fotografieren beizubringen“, erklärte der Neuseeländer später mit einem Augenzwinkern.
4. Reinhold Messner
Reinhold Messner wurde 1944 in Südtirol geboren. Bereits mit fünf Jahren bestieg er, gemeinsam mit seinem Vater, einen Dreitausender. Er schaffte es als Erster, gemeinsam mit Peter Habeler, ohne Flaschensauerstoff auf den Mount Everest. Im selben Jahr gelang ihm die Alleinbesteigung eines Achttausenders, dem Nanga Parbat. Reinhold Messner hat nicht nur alle 14 Achttausender ohne Sauerstoff erklommen, sondern auch alle Seven Summits von oben gesehen. Seine Exkursionen führten den Ausnahme-Bergsteiger aber nicht nur in die Höhe. Messner durchquerte die Antarktis, Grönland, Tibet, die Wüste Gobi und Taklamakan. All diese Erfahrungen hat er als Autor in über 60 Büchern verpackt. Außerdem eröffnete Reinhold Messner zahlreiche Bergmuseen und setzt sich für einen nachhaltigen Tourismus und in umweltpolitischen Fragen ein.
Sein Motto: „Ich bin, was ich tue.“
5. Gerlinde Kaltenbrunner
Die Österreicherin Gerlinde Kaltenbrunner bestieg zwischen 1998 und 2011 alle 14 Achttausender. Das haben vor ihr erst zwei Frauen geschafft, sie war jedoch die Erste, die ganz ohne künstlichen Sauerstoff auskam. Es war ein Projekt, das von Triumphen und Tragödien geprägt war – und von jeder Menge Geduld. Auf ihren Expeditionen rettete Gerlinde Kaltenbrunner, die gelernte Krankenschwester war, Leben, sah aber auch Menschen sterben. Sie versuchte nie etwas zu erzwingen, und nahm sich für den K2, den Lhotsen, den Mount Everest und Dhaulagiri jeweils mehrere Anläufe Zeit. Die Passion der Profibergsteigerin gilt jedoch nicht allein den hohen Bergen. In Vorträgen und Seminaren erfreut sie sich an der Zusammenarbeit mit Menschen und inspiriert mit ihren Erlebnissen und Erkenntnissen.
Wie sie zum Bergsteigen kam? „Durch den Pfarrer ihrer Heimatgemeinde, der jeden Sommer mit Jugendlichen wandern ging.“
6. Hermann Buhl
Der gebürtige Innsbrucker Hermann Buhl (1924-1957), machte sich schon früh in die Berge rund um seine Heimatstadt auf. In den Stubaier Alpen, dem Karwendel und dem Kaisergebirge wurde er nicht nur zu einem exzellenten Kletterer, durch zahlreiche Winterbesteigungen perfektionierte er auch den Umgang mit Pickel und Steigeisen. Hermann Buhl war oft allein unterwegs und liebte gewaltige Überschreitungen. 1953 wurde er zur Teilnahme an einer Expedition in das Himalaya Gebiet eingeladen. Das Ziel: die Erstbesteigung des 8.125 m hohen Nanga Parbat. Buhl schaffte einen, in die Alpin-Geschichte eingehenden, Alleingang auf den Gipfel und feierte auf dem Achttausender den größten Augenblick seines Lebens. Vier Jahre später gelang ihm die Erstbesteigung des 8.046 m hohen Broad Peaks im Karakorum. Von der anschließenden Besteigung der Chogolisa kehrte Hermann Buhl jedoch nie zurück. Zu diesem Zeitpunkt war er längst zur Berglegende geworden.
Hermann Buhl: „Das Bergsteigen ist etwas Unstetes. Man geht und geht und kommt nie ans Ziel. Darin liegt vielleicht gerade der besondere Reiz. Man sucht etwas, das man doch nie findet.“
7. Ueli Steck
'The Swiss Machine“, so wurde der Schweizer Extrembergsteiger Ueli Steck (1976-2017) genannt. Er gehört zu den bekanntesten und besten Alpinisten aller Zeiten – aus gutem Grund. Steck hält mit 2 Stunden und 22 Minuten den Speed-Rekord an der Eiger-Nordwand, bestieg alle 82 Viertausender der Alpen in nur einem Sommer, wobei er die Strecken dazwischen zu Fuß, mit dem Fahrrad oder per Gleitschirm zurücklegte, und sorgte mit einer Solobegehung der Annapurna-Südwand für Aufsehen. Dies war nur eine von mehreren Leistungen, für die Ueli Steck mit dem Piolet d`Or ausgezeichnet wurde. 2017 verunglückt der Ausnahme-Bergsteiger bei einer Akklimatisationstour im Himalaya.
Solo in den Bergen unterwegs zu sein, war für Steck das Größte: „Dann gibt es nur dich und die Natur, allein nimmst du alles viel genauer wahr, es herrscht die totale Freiheit.“
8. Die Huberbuam
„Die Huberbuam“ Thomas und Alexander Huber gehören, jeder für sich genommen, schon zu den besten Bergsteigern der Welt – doch zusammen bilden sie die wohl stärkste Seilschaft unserer Zeit. Außerhalb der Kletterszene wurden die beiden durch ihren Dokumentarfilm „Am Limit“ (2007) bekannt. Der Film zeigt den Versuch der Brüder, die legendäre 1.000 Meter lange Kletterroute „The Nose“ im Yosemite Nationalpark in Kalifornien im Rekordtempo zu durchsteigen. Einer von vielen spannenden Erfolgen der beiden. Charakteristisch für ihre Projekte ist aber nicht nur der Schwierigkeitsgrad, sondern vor allem der Ideenreichtum, mit dem sie ihren Sport betreiben. Thomas und Alexander Huber haben dem Bergsteigen ein neues Gesicht gegeben und zeigen, wie vielseitig dieser Sport sein kann.
Die Huberbuam: „Das Bergsteigen ist völlig nutzlos, aber nicht sinnlos. (…) Wer seine Leidenschaft zu seinem Beruf machen kann, ist zufriedener und kann auch anderen mehr geben.“
9. David Lama
David Lama (1990-2019) galt als Wunderkind. Der Sohn eines nepalesischen Sherpas und einer Mutter aus Tirol begann mit fünf Jahren zu klettern. Zufällig bei Peter Habeler, einem Kletter-Urgestein und Everest-Bezwinger. Mit sieben bestritt David Lama seinen ersten Wettkampf, mit zehn kletterte er seine erste 8a-Route. Das hat noch kein Kind seines Alters zuvor geschafft. Er wurde Europameister und Weltcupsieger – und das Gesicht einer boomenden Kletterszene. Lama verlor jedoch zunehmend die Lust am Klettern in der Halle und entdeckte das alpine Klettern für sich. Er betrat die große Bühne des Alpinismus. Angetan hat es ihm hauptsächlich ein Berg: der Cerro Torre in Patagonien. Er wollte den „Turm aus Fels“ im freien Stil bezwingen, ein laut Reinhold Messner unmögliches Projekt. 2010 scheiterte Lama. 2012 bezwang der Ausnahme-Kletterer aus Österreich den Cerro Torre und erfüllte sich damit einen Traum. 2019 verstarb David Lama bei einem Lawinenabgang in den kanadischen Rocky Mountains.
David Lama: 'Ein Tag ist perfekt, wenn man eine Wand vor sich hat, die noch keiner geschafft hat. Ein Sommer ist perfekt, wenn man wochenlang dort unterwegs ist, wo kein Auto hinfährt, kein Handy Empfang hat. Ein Leben ist perfekt, wenn man alles ausprobiert.'
10. Nirmal Purja
Die Geschichte von Nirmal „Nims“ Purja klingt wie aus einem Hollywood Drehbuch, denn es ist die Geschichte eines fulminanten Aufstiegs. Der nepalesische Bergsteiger schaffte es 2019 alle 14 Achttausender in unglaublichen sechs Monaten und sechs Tagen zu besteigen. Bis dahin kannte ihn in der Bergsteigerszene niemand. Mit seinem erfolgreichen „Project Possible“ stellte er den alten Rekord von sieben Jahren, 10 Monaten und sechs Tagen zweifelsohne ein. Nirmal Purja ist der 39. Mensch, der alle Achttausender von oben gesehen hat. Besonders verrückt: Mit dem Höhenbergsteigen fing Nims erst 2012 an. Bis 2018 war er noch hauptberuflich Soldat. Der Dokumentarfilm „14 Gipfel: Nichts ist unmöglich“ erzählt von dem Aufstieg auf alle 14 Achttausender und zählt mittlerweile zu den am meist gestreamten Netflix-Filmen.
Nirmal Purja: „Ich wollte der Welt zeigen, was möglich ist, wenn du Geist, Herz und Seele in ein Projekt hineinwirfst.“
Informationen zum Besteigen des Mount Everest
Du bist ein erfahrener Bergsteiger und spielst mit dem Gedanken, auf das Dach der Welt zu steigen? Mittlerweile gibt es viele Agenturen, die Expeditionen auf den Mount Everest organisieren. Höhenbergsteigen ist allerdings mit vielen Risiken verbunden. Neben dem Wetter, dass eine Schlüsselrolle einnimmt, ist die Gesundheit der Teilnehmer vorab abzuklären. Die Deutsche Gesellschaft für Berg- und Expeditionsmedizin hat sich dem angenommen. Interessierte können sich bei der Gesellschaft beraten lassen, um sich auf eine geplante Tour gut vorzubereiten.